WAS EINEN STABILEN KOMMENTATOR IM BOXEN WIRKLICH AUSMACHT
Was macht einen guten Live-Kommentar im Boxen wirklich aus? Wodurch zeichnet sich der Mann am Mikrofon bei der Sweet Science aus? Eine Frage, mit der ich mich lange beschäftigt habe und auf die ich Euch heute in meinem Blog eine Antwort geben will. Ich selbst war als Box-Kommentator für unzählige Sender am Mikrofon. Von fight24, bis hin zu München TV, Bild TV und DAZN. Trotzdem glaube ich, dass ich keiner der genannten Kategorien auch nur annähernd Perfektion erreicht habe. Der perfekte Live-Kommentar ist das große Ziel, was eigentlich nicht erreichbar ist. Trotzdem habe ich einige Ideen, auf welche Dinge es wirklich ankommt. Ring frei für die sechs Faktoren, die einen Live-Kommentator im Boxen richtig stark machen!
BOX-WISSEN UND TAKTISCHES VERSTÄNDNIS
Punkt Eins ist die absolute Basis für alles andere was noch folgt. Quasi das Fitness-Level eines Box-Kommentators. Wenn Du hier zu schwach bist, wird es auf alle anderen Kategorien abfärben. Ein stabiler Box-Kommentator muss sich verdammt gut mit dem Boxen auskennen! Zum einen historisch, aber zum anderen vor allem brandaktuell. Interessante Stories zu den Fightern, Hintergrundinfos zum Event und jeder einzelne Trash-Talk muss aufgesogen und dann im Live-Kommentar in der perfekten Mischung rübergebracht werden. Hier helfen nur eine tiefgehende Recherche und persönliche Gespräche mit den Boxern selbst. Die kürzlich verstorbene Kommentatoren-Legende Matthias Preuss war beispielsweise oft bei der Waage anzutreffen, um noch letzte wertvolle persönliche Infos und Eindrücke zu sammeln. Ich persönlich versuche oft schon vorab mit den Kämpfern zu telefonieren. Nur im persönlichen Austausch kriegst Du die Gold-Nuggets, die später Deinen Kommentar veredeln. Zu all diesem Wissen kommt natürlich das taktische Verständnis hinzu. Du musst als Box-Kommentator die Taktiken und Finten der jeweiligen Fighter erkennen und verstehen. Nur so kannst Du die Erlebnisse im Ring wirklich ans Publikum rüberbringen. Hier gilt es dann den Zuschauer nicht mit zu viel Taktik zu überfrachten! Boxen ist zum größten Teil Spektakel und Unterhaltung, doch in vielen Momenten bringen die taktischen Feinheiten das gewisse Etwas. Wie so oft im Leben gilt: Die Mischung machts!
SPRACHLICHE GEWANDHEIT
Der Boxer verfeinert seine Führhand und der Kommentator verfeinert seine Sprache. Metaphern, Rhetorik und viele weitere Stilmittel führen dazu, dass sich der Box-Kommentar auf das nächste Level hebt. Dabei sind natürlich an sich keine Grenzen gesetzt. Geile Adjektive, martialische Begriffe oder auch eine Prise Humor sind im Ring in meinen Augen immer gerne gesehen. Als Kommentator ist der Hauptjob, die Geschehnisse zu bewerten und einzuordnen. Und genau das kann der Mann am Mikrofon im Boxen mit absoluter sprachlicher Gewandtheit tun. Es gilt auch hier das Ganze natürlich nicht zu übertreiben und ein gesundes Mittel zu finden. Das zählt ebenso für das richtige Setzen der Pausen. Hier helfen nur Erfahrung und ein gutes Gefühl für das Publikum. Denn das steht auch im Boxen, wie bei jedem Live-Kommentar im Mittelpunkt.
STIMME MIT POWER
Boxen zählt zu den brutalsten und gefährlichsten Sportarten der Welt. Im Ring geht es nicht nur metaphorisch um Leben und Tod, sondern die Fighter riskieren wirklich alles im Seilgeviert. Dieses Duell zweier Menschen, Auge in Auge und ohne Worte muss meiner Meinung nach mit einer passenden Stimme hinterlegt werden. Die Kraft, die Gefahr und natürlich auch die anderen Aspekte des Fights wie Geduld, Wachsamkeit und Taktik müssen mit einer Stimme untermalt werden, die dieses epische Duell gut untermalt. Eher tief, eher rau und vor allem mit einer gewissen Power. Innere Ruhe und Lockerheit helfen dabei extrem, auch unter Hochdruck eine stabile Stimme zu behalten.
MEIN SHOWREEL ALS BOXKOMMENTATOR
EMOTIONEN UND LEIDENSCHAFT
Boxen ist kein Spiel, ist eine alte Kämpferweisheit. Es gilt beim exzellenten Live-Kommentar das Gefecht im Ring genau mit denen Emotionen zu füttern, die zur Situation passen. Bei einem taktisch geprägten zwölf-Runden Kampf bleibt der Kommentator eher ruhig und muss dann wahrscheinlich eher mit Stories punkten. Doch bei wilden Gefechten, krassen Wendungen und spektakulären Knockouts gilt es auch emotional aus sich herauszugehen. Das Publikum muss die Leidenschaft für den Kampfsport spüren, solche Emotionen kann niemand faken. Ein Kommentator braucht absolutes Herzblut für den Sport, den er kommentiert. Nur wenn man emotional wirklich alle Level gehen kann, hat man dann nach einiger Zeit die Möglichkeit genau zu dosieren, wann und wie man am Zeiger dreht.
LIEBE ZUM DUELL
Das Duell Mann gegen Mann fasziniert seit Jahrhunderten die Menschheit. Früher wurden ganze Kriege abgewendet, weil sich die beiden Parteien auf einen Kampf ihrer beiden stärksten Krieger einigten. In diesen Momenten ist die gesamte Kraft und Energie auf den Gegenüber gerichtet. Nichts anderes zählt, es ist die volle Präsenz und es steht alles auf dem Spiel. Ich denke allein an diesen Zeilen merkt jeder, welches Potenzial diese Momente haben. Ein Box-Duell im Ring ist nichts anderes. Natürlich nach sportlichen Regeln, mit Referee und mit krass minimiertem Risiko. Und trotzdem ist es nichts anderes. Um ein exzellenter Box-Kommentator zu sein, muss man die Ereignisse vor seinen Augen wirklich fühlen. Das Adrenalin und die Spannung müssen auf einen selbst übergehen. Das geht nur, wenn man das Duell wirklich liebt. Wenn der Zweikampf für einen Kommentator zu den größten relevanten Dingen in diesem Leben zählt. Nur dann kann der Mann am Mikrofon die Größe des Moments wirklich auf den Zuschauer übertragen. Und nur dann hebt er sich deutlich vom Durchschnitt ab.
DEMÜTIG BLEIBEN
Ein Kommentatorjob ist wild, fühlt sich immer lebendig an und ist eine Arbeit, die ich für nichts in der Welt tauschen möchte. Dazu hat der Kommentator im Boxen meist ein großes Publikum und es kann leicht passieren, dass man sich selbst zu wichtig nimmt. Doch genau das ist, um jeden Preis zu vermeiden. Denn die Stars des Sports sind die Athleten, die ihr Leben riskieren und alles dem Kampfsport unterordnen. Und noch über ihnen steht der Sport selbst. Das Boxen bringt alles mit. Adrenalin, Taktik, Koordination, mentale Stärke, Wille und Grenzerfahrungen. Es formt die Persönlichkeit und spiegelt das Leben wider. Genau das muss der Kommentator in meinen Augen seinen Zuschauern näherbringen. Er ist in allererster Linie ein Diener des Sports. Das hilft einem immer auch die eigene Neutralität zu wahren. Denn nichts zählt mehr als der Sport! So kann man klare Fehlentscheidungen ansprechen, seine eigene Meinung vertreten und ein Box-Event im Sinne des Faustkampfs kommentieren. Das gibt dem gesamten Kommentar einen guten Unterton und hebt ihn sicher von anderen ab. Weil der Sport es verdient hat!
So, das waren sie, meine sechs Hauptfaktoren für eine gute Arbeit am Mikrofon. Ein Sportkommentator im Boxen muss selbst immer ans Limit gehen, genau wie die Fighter. Doch was sind aus Eurer Sicht die wichtigsten Eigenschaften eines guten Kommentators? Schreibt es in die Kommentare und bis dahin genießt die Fights!
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