Von Roman Horschig mit freundlicher Unterstützung von Tim Yilmaz.

Quelle Bild unten und Titelbild: Queensberry Promotion.

Die Sonne des Schwergewichtsboxens strahlt hell über England und es ist Heimspiel für Joe Joyce und Daniel Dubois. Am 28. November treffen die beiden vielleicht interessantesten aufstrebenden Schwergewichtler live auf BT Sport im Ring aufeinander. Der Sieger dieses Showdowns wird einen riesigen Schritt in Richtung Weltmeisterschaftskampf machen. Für den Verlierer sieht es vorerst düster aus. Vor allem sollte dieser Joe Joyce heißen. Der Koloss ist zwar in Sachen Profiboxen ein Newcomer, doch mit seinen 35 Lenzen alles andere als ein Jungspund. Doch wie konnte es dazu kommen, dass er trotz seines riesigen Talents jetzt erst den Weg zur Spitze findet?

Lennox Lewis und Picasso

Ein unglaubliches Gemälde von Muhammed Ali wird den Reportern in einem kleinen Kunstatelier im Süden von London präsentiert. Laut Aussage des offensichtlich begabten Malers absolut unverkäuflich. Der in Kunstkreisen noch relativ unbekannte Mann ist aber wahrlich kein unbeschriebenes Blatt. Er ist nicht weniger als eine der größten Medallienhoffnungen Großbritanniens bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016. Ihr ahnt es bereits, es handelt sich um Joe Joyce. 

Am 19. September 1985 in London geboren, geht er einen der unorthodoxesten Wege die ein Boxer gehen kann. In seiner Jugend hat er mit Boxen nichts am Hut und probiert viele Sportarten aus. Am längsten verweilt er beim Weit- und Dreisprung. Erst mit 22 Jahren beginnt er mit dem Faustkampf, allerdings nur um sich fit zu halten. Nochmal drei Jahre später, als er aus einer Zeit in Asien im Shaolin Kloster zurückkommt, entscheidet er sich dem Boxsport ernsthaft eine Chance zu geben. Und wie! 

Bereits 2013 gewinnt er Bronze bei den Europameisterschaften in Minsk. Später noch Gold bei den Commonwealth Meisterschaften und den Europaspielen. 2015 folgt dann die Bronzemedaille bei den Weltmeisterschaften. Nebenbei macht er auch noch in der World Series of Boxing auf sich aufmerksam, unter anderem mit einem sehenswerten Fight gegen Oleksandr Usyk. Eine Amateurkarriere wie aus dem Bilderbuch. In Rio zählt er zu den Favoriten im Superschwergewicht. Doch er schafft es am Ende nicht, es seinem früheren Sparringspartner Anthony Joshua gleich zu tun. Er unterliegt dem Franzosen Tony Yoka im Finale mit 1:2. Nebenbei studiert er Malerei und erlangt einen Hochschulabschluss. Seine größten Idole sind Lennox Lewis und Picasso. Im Oktober 2017 entschließt er sich, als einer der erfolgreichsten britischen Amateurboxer aller Zeiten, Profi zu werden.

THE GAME IS ON

Dreifach D

Daniel Dubois wird am 6. September 1997 in Greenwich, London geboren. Er beginnt im krassen Kontrast zu Joyce bereits mit neun Jahren mit dem Boxen im legendären Peacock Gym in der Caxtonstreet in London. Im Gym von Trainer Martin Bowers werden seine Fähigkeiten bis heute geformt. Neben Anthony Yarde ist er der derzeit vielversprechendste Boxer der Talentschmiede.  Seine Amateurkarriere weist im Vergleich zu Joyces nur kleinere Highlights auf. Vor allem im Junioren-Bereich hat der 1,94 Meter Hüne einige Titel abgestaubt. Der Grund für die geringere Ausbeute im Seniorenbereich ist allerdings schnell ausgemacht. Dubois wechselt bereits 2017 mit 19 Jahren zu den Profis und bestreitet am 8. April seinen Debütkampf in Manchester. Sieg durch Knockout in Runde Eins. Seine unglaubliche Schlagkraft bringt dem jungen Londoner den Spitznamen Dynamite ein. Von da an wird er nur noch mit Triple D in den Ring gerufen.

Und das Talent vernichtet seine Gegner reihenweise im Ring und zuverlässig via Knockout. Nach etwas mehr als zwei Jahren steht der Engländer bei einer 11-0 Bilanz. Nur der ehemalige Klitschko Herausforderer Kevin Johnson weigert sich K.O zu gehen. Gegen ihn musste auch ein junger Tyson Fury über die volle Rundenzahl gehen. Selbst der Jab von Dubois hat eine solche Power, dass er Gegner damit zu Boden schickt. Und das bei hoher Geschwindigkeit und Präzision.

Mitte 2019 kommt es dann allerdings zum ersten medial auf gehypten Kampf für Dubois. Es geht um den Britischen Schwergewichtstitel gegen den ein Jahr älteren und noch ungeschlagenen Landsmann Nathan Gorman. Der Cousin von Tyson Fury weist eine 16-0 Bilanz in der Profikarriere auf. In der Londoner O2 Arena kommt es am 13. Juli zum Showdown. Und zu was für einem! Dubois lässt Gorman keine Chance und gewinnt durch Knockout in der fünften Runde. Sein ständiger Vorwärtsgang beeindruckt das Publikum. Dubois setzt ein Statement und mit zwei weiteren Siegen schraubt er seine Bilanz Ende 2019 auf 14-0 hoch. Und das mit einer Knockoutrate von 92,9%. Er wird von nicht wenigen als der stärkste Prospekt des gesamten Schwergewichts gesehen.

Schwergewichtler altern spät

20. Oktober 2017, gut ein halbes Jahr nach dem Profidebüt von Dubois. Ein 32-jähriger Londoner gewinnt seinen Debütkampf in Greenwich durch Knockout. Er ist dabei mehr als eine Dekade älter als sein Landsmann. Es ist Joe Joyce, der nochmal alles auf eine Karte setzt. Der studierte Künstler will nochmal nach ganz oben im Profizirkus und gibt Vollgas. Bereits in seinem achten Profi-Kampf geht es gegen den ehemaligen WBC-Weltmeister Bermane Stiverne. Joyce lässt ihm keine Chance. Der ehemalige Klitschko Gegner Bryant Jennings wird 2019 deutlich nach Punkten geschlagen. Auch als Profi begleitet Joyce eine starke Ausstrahlung und Ruhe im Ring. In 2019 kämpft sich der Brite in der Computerrangliste von Box Rec auf Platz 19 nach vorne. Noch zwei Siege gegen renommierte Gegner und ein WM-Kampf rückt in greifbare Nähe. Dann verletzt sich sein nächster Gegner Marco Huck und sein für diesen Januar geplanter Kampf fällt ins Wasser. Dubois klopft an und Joyce zögert nicht zweimal. Er will seinem ehemaligen Sparringspartner die Grenzen aufzeigen. Durch die Corona Pause verschiebt sich der Kampf zunächst und Joyce bezwingt im Juli noch den Deutschen Michael Wallisch. Doch jetzt ist die Zeit reif!

Siegen oder Sterben

Für den Mann aus Greenwich steht boxtechnisch am 28. November alles auf dem Spiel. Sollte Joyce gegen Dubois verlieren ist ein WM-Kampf in extrem weiter Ferne. Auch für Dubois wäre eine Niederlage ein durchaus heftiger Karriereknick. Dazu geht es um verschiedenste Titel, unter anderem den EBU-Gürtel und die Commonwealth-Meisterschaft. Die Spannung liegt in der Luft vor dem rein britischen Duell. Der Olympionike und technisch extrem versierte Joyce gegen die pure Schlagkraft und die Jugend des Daniel Dubois. Dubois hat dazu Größen- und Reichweitenvorteile auf seiner Seite. Joyce muss einen Weg finden den Vorwärtsdrang des 23-jährigen zu bremsen. Selber nach vorne gehen, Distanzkontrolle und gute Meid- Bewegungen können hierfür Mittel sein. Doch bei allen Lobreden auf die Führhand von Dubois, auch seine Rechte kann den Kampf jederzeit vorzeitig beenden.

Eines ist ganz klar vor dem Duell in der O2 Arena: Der Sieger dieses Gefechts katapultiert sich in die Top 10 des Schwergewichts und damit in Schlagdistanz für einen Fight um die Weltmeisterschaft. Davon träumen beide. Doch nur ein Traum wird in Erfüllung gehen.

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ROMAN HORSCHIG

Roman Horschig arbeitet mit absoluter Leidenschaft als Sportkommentator, Stadionsprecher und Moderator in ganz Deutschland. Mit seinem großen Enthusiasmus für den Sport macht er auch Ihr Event zu einem absoluten Erlebnis. Versprochen.

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